Da ghöre ich seit Jahren der "Gilde der Drehorgler" ab, und fühle mich - obwohl mich der Virus
"Drehorgel" befallen hat - ganz gut.
Damals (1998) spielte ich schon einige Jahre mit dem Gedanken, soziales Engagement zeigen zu
müssen. Mir gíng es finanziell und gesundheitlich verhältnismäßig gut - und es gabt schon damals
viele Menschen, denen es einfach schlecht geht, am Ende des Lebens oder am Rande der
Gesellschaft stehen - oder so jung und nur das Krankenhaus kennen. Verschiedene Ideen waren im
Kopf - aber bei allen meinen Einfällen hätte ich andere Leute gewinnen müssen, Zeit zu investieren
und auch dazu bringen müssen, auf die Gage zu verzichten. Hinzu wären intensive organisatorische
Aufgaben für mich angefallen.
Es war im Winter/Frühjahr 1998/99. Eine Bekannte - zwischenzeitlich verstorben - wurde 50 Jahre
alt. Gefeiert werden sollte aber erst im Sommer, ein Sommerfest im Hof solle es werden. Ihr
Wunsch war es, dass jeder irgendetwas zur Feier beitragen solle. Paar Verse, ein Lied... - der Auftritt
war eine große Überraschung. Anfang 2000, zum 80. Geburtstag meiner Mutter, wollte ich auch
etwas machen. Ich erinnerte mich, dass ich zur Verlobung meiner Schwester als Moritatensänger
aufgetreten bin - die Musik kam damals vom Kassettenrecorder - und die Aufführung war ein Erfolg.
- Die Schallplatten schlummern doch noch in der Musikbox. Ich kramte die Platten hervor - aber der
Plattenspieler eierte nur - und einen neuen Plattenspieler kaufen?
Es war Im Frühjahr 1999. An einem Sonntag war ich mal wieder im Internet unterwegs. Für eine
Unterrichtseinheit probierte ich die unterschiedlichsten Suchmaschinen aus und irgendwann wohl
mal den Begriff "Drehorgel". Wieso, weshalb - ich weiß es nicht. Das war nun der Punkt, wo mich
der Virus "Drehorgel" infizierte. Zunächst dachte ich an die zwei bevorstehenden Feiern, hatte
sofort die Idee des Moritatensägers.
Die Begriffe "Drehorgel" und "Verleih" wurden eingegeben - und es gab wirklich Instrumente, die ich
hätte ausleihen können. Natürlich kommt dann der Gedanke: Was kostet so ein Instrument
überhaupt? Beim weiteren Suchen stieß ich auf die Seite einer in Dinkelsbühl ansässigen
Drehorgelfirma: DELEIKA. Eine E-Mail war schnell geschrieben und zwei Tage später lagen
Prospekte über Drehorgeln im Briefkasten.
Am folgenden Wochenende hatte ich mal keinen Termin im Kalender stehen und rief am Freitag bei
der Drehorgelfirma DELEIKA an - ob am Samstag jemand in der Firma wäre. Ich wolle mir das ganze
mal näher anschauen. Die Antwort: "An diesem Wochenende leider nicht. Wir sind in Frankfurt auf
der Musikmesse." - Nichts Besseres konnte mir passieren, da Hochheim knapp 30 km von Frankfurt
entfernt liegt. Am Samstag war ich einer der ersten, der eine Eintrittskarte für die Musikmesse
erwarb. Zunächst schaute ich mir den Drehorgel-Stand aus sicherer Distanz an, tastete mich an den
Stand und wurde aufgefordert, eine Orgel mal zu drehen ... der Bazillus hatte mich jetzt wirklich
erwischt... nur der Preis - und dann auf der anderen Seite ein Messepreis ... Als dann eine Lieferung
für den Sommer anklang - mit Messepreis - da gab es kein Zurück, der Kaufvertag wurde
unterschrieben.
Zu Hause - immer wieder den Kaufvertrag vor Augen, die Prospekte auf dem Tisch - die
Mitgliederzeitung vom CDD, Liederbücher ... na ja, jedenfalls hatte ich die Orgel dann schon Ende
Mai zu Hause. Den ersten öffentlichen Auftritt hatte ich dann am Hochheimer Weinmarkt (mit dem
Hochheimer Lied auf der Orgel) und konnte für diesen Auftritt knapp 1.000 DM an den Verein für
Krebskranke Kinder Frankfurt e. V. überweisen.
Die Auftritte bei den o. g. zwei Geburtstagsfeiern waren jeweils ein Höhepunkt der Feste. Mir
machte es Spaß, das Instrument zu spielen und zu schmunzeln, wenn die Leute leise mitsingen
oder das gerade gespielte Lied mitpfeifen. Die Kinder, die vor dem Instrument mit leuchtenden
Augen staunen und schauen, wo denn die Musik herkommt und dann fragen: "Wann spielst Du die
Biene Maja wieder?"
Insgesamt zwei Fliegen mit einer Orgel: Mit meiner Drehorgel kann soziales Engagement zeigen,
muss keine anderen Personen bitten, brauch' meine Kräfte nicht für organisatorische Dinge - und
es macht Spaß! Ein neues Hobby. Und wenn ich die Orgel drehe, dann entspanne ich mich, ja, dann
bin ich ein anderer Mensch.
Und zwischenzeitlich - August 2023 - konnte ich über 335.000 Euro für karitative Zwecke
weiterleiten.